Ökologische Linke (ökoli) Wien

Mit Blut und Boden für die Bauern?

Seit einigen Wochen geistert ein von Österreichs größter rechtspopulistischen Tageszeitung „Die Krone“ inszenierter Text durch die Gegend, den diese großspurig „Bauernmanifest“ nennt und der seither — teilweis mit sanftem Druck der Krone — von PolitikerInnen aller Parlamentsparteien, von Zoodirektoren und Umweltschutzorganisationen unterstützt wird.

Wilhelm Molterer, der niederösterreichische Landehauptmann Pröll, Grünmandatarin Eva Glawischnigg, der Wiener Bürgermeister Häupel, SP-Clubobmann Cap mit SP-Umweltsprecherin Ulrike Sima oder der WWF, alle erklären öffentlich das „Manifest“ aus der Feder von Hand Dichand, Günter Nenning und Gerhard Heilingbrunner zu unterstuetzen.

Was steht nun aber in diesem mit Frakturschrift übertitelten „Manifest“, das schon vom Layout her an faschistische Blut- und Boden Ästhetik erinnnert? Eine rationale Analyse der Probleme einer industrialisierten Landwirtschaft, der ganz normalen Auswirkungen kapitalistischen Wirtschaftens im Agrarsektor? Ein Aufruf strukturelle Änderungen im Agrarsektor oder gar im gesamten Wirtschaftssystem durchzuführen?

Nein, das Manifest strotzt nicht nur von Blut- und Boden Ästhetik, sondern auch von ebendiesem Inhalt. Die industrialisierte Landwirtschaft wird zur „Verhöhnung der Schöpfung“ und die Rache der Natur kommt in Gestalt von „schwarzen Rauchsäulen der Tierscheiterhaufen [die] gegen den Himmel steigen“ daher. Es wird vom „Rückfall in die Barbarei“ gewarnt und moralisierend über ein Denken das „Profit und nichts als Profit“ im Sinn hat lamentiert. Wohlgemerkt, darüber beklagt sich die Kronenzeitung, die offenichtlich im „Profitdenken“ ein Problem sieht, nicht aber natürlich in kapitalistischen Strukturen die eben nun einmal Profit abwerfen, sowohl für agroindustrielle Grossbetriebe als auch für die Kronenzeitung.

Dass es den Initiatoren des Bauernmaifestes aber eben nicht um die industrielle Landwirtschaft und schon gar nicht um den Kapitalismus geht, ja nicht einmal darum, daß die Leute etwas gutes und gesundes zum Essen bekommen, sondern um ganz etwas anderes, wird offen einbekannt: „Reinheit; Sicherheit, Natürlichkeit unserer Nahrung sind ein wesentliches Fundament unseres Heimatgefühles.“

Und genau darum geht es. Gesunde Nahrungsmittel sind für die Initiatoren des „Bauernmanifestes“ kein Selbstzweck, sondern ein Mittel, ein Mittel um eine Blut- und Boden-Schollenverbundenheit der gesamten„Volksgemeinschaft“ herzustellen, die sich mit ihrem „Bauerntum“, das auf der „Heimatscholle“ wirtschaftet identifizieren soll. Dazu paßt auch das Bild das die Hälfte des einseitigen „Manifestes“ in Anspruch nimmt. Ein Albin Egger-Lienz Bild zeigt eine erdverbundene Tiroler Bauernfamilie um den Mittagstisch sitzend: präfaschistische Ästhetik mit starken Männern und gesunden gebärfreudigen Frauen ... Angriffe gegen das „Bauernmanifest“ werden denn auch volksgemeinschaftlich zurückgewiesen. Der Exlinke und Grünen-Mitbegründer Günter Nennig, weiss wieder einmal wen er prügeln muss wenn er in der KRONE unter dem Titel „Bauernhass“ meint: „Wie sie schäumen! Das hätte ich mir gar nicht erwartet: dass die so genannten“liberalen„oder“fortschrittlichen„oder wie immer zu benennenden Medien mit so viel Wut losschreiben gegen das Bauernmanifest. Sie können die Bauern nicht leiden, aber es erregt sie.“ Und Nenning freut sich wieder einmal über seine Österreicher: „Die Zustimmung so vieler rotweißroter vernunft- und gefühlsbegabter Österreicher — überrascht mich nicht. Sie erfreut mich, aber ich habe sie erwartet.“ Für den Manifest-Autor Nenning sind die Bauern das Gegenteil der dem Zeitgeist nachlaufenden modernen „Industrie- und Spaßgesellschaft“, ewig und ahistorisch quasi Teil der Landschaft und des Bodens den sie bebauen.

Kritiker des Bauernmanifestes wie der Grüne Europaabgeordnete Voggenhuber bleiben bei so viel Angriffslustigkeit der KRONE gegen ihre GegnerInnen selbst in ihren eigenen Parteien in der Minderheit. Von den Grünen über die SPÖ, ÖVP und FPÖ hat die Kronenzeitung eine Volksfront für einen But- und Boden Bauernschutz zusammengebastelt, dem sich kaum ein Politiker entziehen kann und will. Jeder Unterstützer bekommt schließlich einen Bildbericht in Österreichs auflagenstärkster Tageszeitung, vielleicht sogar eine Titelseite. Und wenn mal wer nicht will, wird von der Kronenzeitung mit sanftem Druck nachgeholfen. Nach dem Motto, dann erklären wir dich öffentlich zum Bauernfeind und unterstützen dich nicht mehr. Und vor solch einer Politik, vor dieser Macht der Kronenzeitung gehen alle Parlamentsparteien in die Knie. Eine Zeitung regiert ein Volk, das sie vorher in Jahrzehnten zu diesem zusammengeschweißt hat. Aus dem Täterkollektiv der Schoa wurde — nicht nur aber auch — mit Hilfe der Kronenzeitung ein nettes kleines Bergvölklein, das wenn es etwas gegen Afrikaner hat einen guten Grund dazu hat (Drogendealer) und bei dem die Juden selbst Schuld sind, wenn sie mit ihren Forderungen den Antisemitismus schüren. Dieses völkische Kollektiv soll nun den „Bauernstand“ verteidigen. Und wieder machen alle mit!